Unwegsames Gelände und härteste Bedingungen als Antrieb für Führungsqualität.

Grenzgänger
kehren auch um

Ethik und Moral. Ein Plädoyer für zutiefst menschliche Tugenden im Management, die Erfolg erst möglich machen.
Text: Carola Malzner

Eisige Kälte, rundum völlig unbekanntes Terrain, die Stille hat nichts Beruhigendes, die Mannschaft wird unruhig, der Hunger nagt an den Nerven und was die nächsten Tage bringen werden, weiß man nicht. Wie das Befinden der Menschen bei einer der spektakulärsten Polar-Expedi-tionen Anfang des 20. Jahrhunderts wohl tatsächlich war, können wir heute nur  schwer nachvollziehen. Die Beschäfti-gung mit diesem Thema im Zusammenhang mit heutiger Führungsqualität bringt aber so manche Erkenntnis in Gang. Denn es hat seine Gründe, dass einer der bekanntesten Polarforscher, Sir Ernest Shackleton (1874 – 1922) seit Jahren als Vorbild dient, wenn es um menschli-che Tugenden für wirksame Führungskräfte geht.

Große Ziele

Shackletons Weg ist von Rückschlägen gepflastert. Rückschläge, die seinen Ehrgeiz und seine Begeisterung für Expedi-tionen in die Arktis aber erst so richtig angestachelt haben. Er wollte es allen Zweiflern beweisen und nahm dafür wid-rigste Umstände in Kauf. Und obwohl er auch vom Wunsch nach Ruhm und Reichtum getrieben war und seinen Zie-len sehr nahe gekommen ist, hatte Shackleton, der wohl als echter Grenzgänger bezeichnet werden kann, eine Grenze niemals überschritten: Das Leben seiner Mannschaft hat er nie aufs Spiel gesetzt, sondern ihr Wohl immer an die erste Stelle gestellt. Das hat ihm letztlich zwar den großen Ruhm gekostet. Heute macht es ihn jedoch zum Vorbild an Visionskraft, Innovationsgeist und Menschlichkeit.

Umkehren statt scheitern

„Geniale Grenzgänge, egal ob im Eis oder in der Wirtschaft, haben eines gemeinsam. Sie lassen ihre Protagonisten wie-der gut heimkommen und davon erzählen. Alles andere ist sinnloses Risiko für sich Menschen und der Unternehmen – gut wäre.

Ethik und Ökonomik

„Verantwortungsbewusste und nachhaltig denkende Men-schen stellen sich schon lange die Frage, wann Limits letzt-endlich akzeptiert werden“, so Peter Baumgartners offene Zweifel an blindwütigem Wachstumsstreben und kritik-loser Wirtschaftsgläubigkeit. Sein Buch ist lehrreiche Lektü-re, was den tatsächlichen Alltag Shackletons und seiner Mit-streiter im Eis betrifft. In weite-rer Folge gibt es viele Denkan-stöße, unser aktuelles Wirtschaften und grenzgänge-risches Gewinnstreben unter völlig neuen Aspekten zu betrachten. Letztendlich führt das Buch zum Ansatz: Ethik und Ökonomik sollten für Unternehmen einander nicht ausschließende Alternativen, sondern vielmehr untrennbare Zwillingsschwestern sein.