Menschen groß machen
Worin sich Leader von Managern unterscheiden.
Wien. Der Begriff „Leadership“ ist in den vergangenen Jahren zunehmend populär geworden. Oft benutzt man ihn für „Führung“ oder „Management“. Leadership ist aber mehr, sagt Redner und Managementbuch-Autor Peter Baumgartner. „Vereinfacht ausge-drückt hat der Manager Unterge-bene, während der Leader von Unterstützern umgeben ist“, schreibt Baumgartner in seinem neuen Buch „Leadership leben“. Oder, anders ausgedrückt: „Ge-folgschaft erreichen Leader nicht durch Machtausübung, sondern durch Wertschätzung.“
Als einen der charismatischs-ten Leader aller Zeiten bezeichnet Baumgartner den Polarforscher Earnest Shackleton (1874 – 1922). Der Ire quälte sich im Jänner 1909 mit seinen drei Begleitern bis auf 97 Meilen an sein Ziel, den Südpol, heran, kehrte aber um. Auch sein Versuch, die Ant-arktis auf dem Landweg zu durch-queren, scheiterte. Das Bemer-kenswerte an Shackleton: Er ver-lor – im Gegensatz zu vielen an-deren Expeditionsleitern – kein einziges Menschenleben. Baum-gartner: „Er war zielstrebig, ohne das Ziel über seine Männer zu stellen.“
Liest man die Berichte seiner Expeditionsmitglieder, so meister-te Shackleton Probleme, die auch heutigen Führungskräften ver-traut sind: eine heterogene Gruppe dazu bringen, auf ein gemeinsa-mes Ziel hinzuarbeiten, sich mit Neinsagern auseinandersetzen, die Pessimisten aufmuntern, die Un-zufriedenen davon abhalten, die Atmosphäre zu vergiften, Lange-weile und Erschöpfung bekämp-fen, Ordnung in einem chaoti-schen Umfeld schaffen und mit knappen Ressourcen auskommen. Nur mit klassischen Management-tools wäre ihm das unter den extremen Bedingungen, denen die Männer ausgesetzt waren, vermut-lich nicht gelungen. Indem Shackleton seine Männer emotiona lstärkte und auch anerkannte, dass sie bestimmte Dinge viel besser konnten als er selbst, konnte er sie begeistern und in schwierigen Si-tuationen ermutigen, nicht aufzu-geben. „Wir wären überall hinge-gangen, ohne zu fragen, nur auf seine Anweisung hin“, sagte spä-ter einer seiner Begleiter.
Eine wichtige Eigenschaft er-folgreicher Leader ist: Sie müssen nicht andere erniedrigen, um selbst zu Größe zu gelangen, so Baumgartner. Er will mit seinem Buch keineswegs „Manager-Ba-shing“ betreiben. „Unser Wirt-schaftssystem hat großartigen Managern mit funktionalen Kom-petenzen viel zu verdanken“, schreibt er. Management gestalte vorrangig Pläne, Prozesse und Budgets, Leadership gestalte vor-wiegend ein sinnhaftes und er-strebenswertes Bild von der Zu-kunft. Oder, wie der US-amerika-nische Wissenschafter und Psychologe Frederick Herzberg (1923 – 2000) 1968 in der „Harvard Business Review“ schrieb: „Ver-gessen Sie Lob. Vergessen Sie Be-strafung. Vergessen Sie Geld. Sie müssen die Arbeit interessanter machen.“