WER FÜHREN WILL, MUSS MENSCHEN MÖGEN

von Susanna Sailer

Berater und Buchautor Peter Baumgartner im Interview über sein neues Buch „Zuversicht Zukunft“.

Warum Zuversicht das erfolgsentscheidende Kriterium für die Zukunft ist, was man dabei vom österreichischen Popstar Falco lernen kann und warum das Analoge das neue Bio ist, erläutert Unternehmensberater Peter Baumgartner.

OÖN: Während viele mit den Auswirkungen der Corona-Krise hadern, appellieren Sie, mit Zuversicht in die Zukunft zu gehen. Warum ist das jetzt wichtig?

Peter Baumgartner: Der Blickwinkel ist entscheidend. Im Erfolg wie in einer Krise sieht man sich nicht richtig. Das österreichische Jammern tut vielleicht gut, hilft aber nicht weiter. Die Krise bringt lange Zeit zugedeckte Dinge ans Tageslicht. Es zeigen sich endgültig der Charakter eines Menschen und die Kultur einer Organisation. Jetzt ist die Chance, den Blick radikal zu öffnen und die Situation zu bewerten. Was wurde bisher geschafft, wo stehen wir und welcher Weg lässt sich einschlagen? Was ich für erfolgsmotivierte Menschen beanspruche, ist das Wort Optimismus.

Zuversicht ist gut, aber blauäugig zu sein, ist wohl keine Lösung.

Ich nenne das Überoptimismus – und ja, der schadet. Niemand mag überbordend selbstbewusste Menschen. Aber Stehaufmännchen schon. Falco war so einer, der sich stets wieder hochzog. Von ihm stammt der Satz: „Wenn du mich heute auf die Straße setzt und gibst mir eine Mark und sagst: ‚Du bist ein Niemand!‘, dann fahr ich mit dem Autobus ins Studio und fang wieder von vorne an.“ Als ihm der Nr.1-Hit in den USA gelang, prahlte er nicht, er sei der Beste, sondern sagte: „Jetzt wird es richtig schwer, noch mehr im Leben zu erreichen.“

Das heißt, die Zukunft selbst in die Hand nehmen, aber geschenkt wird einem nichts?

Die Zukunft ist nicht gratis. Wir müssen uns für die Zukunft fit machen, indem wir finanziell und gedanklich etwas tun: für uns selbst, das Unternehmen und für die Mitarbeiter. Es gilt, nicht einfach etwas zu kopieren. Dabei ist auch die Unternehmenskultur entscheidend. Unsere Mitarbeiter setzen sich aus vier Generationen zusammen. Führungskräfte brauchen Empathie und Wertschätzung. Wer führen will, muss Menschen mögen und kommunikativ sein. Es braucht das Gefühl der Zusammengehörigkeit und Verbundenheit. Viele widmen sich der Digitalisierung, wissen jedoch nicht, mit dem Aufeinanderprallen der Generationen umzugehen. Wir müssen junge Menschen für uns gewinnen, um diese positiv mit der älteren Generation zu verbinden. Das ist die Kernaufgabe von Führungskräften.

Wie sind Junge zu gewinnen?

Indem positive Vorbilder und Mentoren zur Seite gestellt werden. Junge wollen Gleitzeitmodelle, Vertrauensarbeitszeit und Homeoffice – nicht nur in Corona-Zeiten. Junge fordern Redezeit ein. Sie haben daheim schon als Kleinkind gelernt, überall mitzubestimmen. Sie wollen Rückmeldungen, denn, obwohl sie sicher wirken, sind sie das Gegenteil davon. Und man muss ihnen einen realistischen Blick auf die Dinge geben. Es werden nicht alle Millionäre, nur weil sie eine App programmiert haben.

Ist die Digitalisierung für die Zukunft nicht besonders wichtig?

Digitalisierung hat viel Positives. Ich finde es zum Beispiel super, in Echtzeit, obwohl über die ganze Welt verstreut, miteinander zu kommunizieren. Es ist ein Werkzeug, das sein muss, aber mit Grenzen. Wir brauchen auch wieder das Persönliche. Unsere Hoffnung heißt Face-to-Face statt Facebook, Kino statt Netflix und wieder einmal sprechen mit Mama statt mit Alexa. Unsere Zukunft braucht mehr Menschen und weniger Maschine. Der Mensch wird zum Luxus. Digital ist Masse und unendliche Kopierbarkeit. Luxus hingegen ist beschränkt und endlich. Das Analoge ist für mich das neue Bio.

Und Führung und digitale Kompetenzen sind sowieso nicht zu digitalisieren.

Richtig. Ich finde das großartig, weil es uns zurück zu unserer Arbeitsaufgabe bringt: zum Menschen. Allerdings erlebe ich zu viele selbstgefällige Führungskräfte. Ich fordere ein Ende dieser Selbstgefälligkeit, die sich auch in Respektlosigkeit, Sturheit, Blindheit und Vermessenheit ausdrückt. Damit zerstören wir andere Menschen und unsere Organisationen.
Buchcover Zuversicht Zukunft