ZUVERSICHT ALS CHEFSACHE

ZUKUNFTSFÄHIGKEIT. Was brauchen Unternehmen, um zu überleben und für zukünftige Krisen gewappnet zu sein? Mehr Digitalisierung? Wenn es nach dem international tätigen Berater Peter Baumgartner geht, vor allem eines: mehr Menschlichtkeit.

Interview: Cordula Meindl

CHEFINFO: Was brauchen Unternehmen, um zukunftsfähig zu sein?
Baumgartner: Die Grundhaltung muss lauten: Die Chance ist so groß wie der Optimismus. Zukunftsfähigkeit bedeutet keinesfalls das, was uns manche Zukunftsforscher einreden möchten. Es bedeutet nicht, vermuteten Trends hinterher zu laufen. Zukunft geht anders. Erfolgreiche Unternehmen besitzen die richtige Einstellung – sie warten nicht, bis sie der Markt, die Mitbewerber, die Kunden vor neue, unlösbare Aufgaben stellen. Es sind vielmehr die, die in die Zukunft investieren. Zuversicht ist das erfolgsentscheidende Kriterium für die Zukunft. Es gilt, das Morgen besser zu gestalten als das Heute. Führungskräfte sind Vorreiter der Zukunft.

CHEFINFO: Oft heißt es, die Unternehmen müssen digitaler werden, um in Zukunft bestehen zu können. Ist Digitalisierung die Antwort?
Baumgartner: Nein. Digitalisierung ist ein Werkzeug, nicht mehr und nicht weniger. Ich berate Einpersonenunternehmen bis hin zu Weltkonzernen – die Problemlagen sind dabei sehr ähnlich. Heute springen viele enthusiastisch auf den digitalen Zeitgeistexpress auf, ohne zu fragen, wer den Zug wohin fährt. Ich sitze nicht in diesem Zug. Ich lege vorne die Schienen, hin zu weniger an digitaler Scheinwelt und überbordendem Technologiekult. Dies ist der Kurs Richtung wertschätzender Unternehmenskultur und Menschlichkeit in der Wirtschaft. Wenn Ihnen Technologie und Digitalisierung so wichtig sind, dass Ihnen die Menschen egal sind, dann sind Sie kein Gewinner, dann sind Sie ein Verlierer.

CHEFINFO: Warum ist die Unternehmenskultur so entscheidend?
Baumgartner: Kultur überwindet Unternehmensgrenzen und Krisen. Das brauchen wir dringender denn je. Eine Unternehmenskultur muss Zuversicht beinhalten. Gerne borge ich bei Peter F. Drucker: „Kultur isst Strategie zum Frühstück und Technologie zum Mittagessen.“ Eine zukunftsweisende Unternehmenskultur ist wichtiger als eine ausgefeilte Strategie oder Technologie. Führungskräfte müssen den Clash der Generationen meistern und dem „Zukunftsfaktor Jugend“ Bedeutung einräumen. Kultur ist die Basis für Veränderung oder für Sillstand. Sie kann positiver Beschleuniger oder Verhinderer sein. Eine Organisation, die sich nicht selbst transformieren kann, ist auch nicht in der Lage, ihre Produkte und Dienstleistungen zu transformieren.

CHEFINFO: Was sind die häufigsten Fehler, die Unternehmen machen?
Baumgartner: Egal ob im Salzkammergut, in Wien, Frankfurt oder Amsterdam: Zu viele Führungsverantwortliche handeln nach dem Muster „I’m fighting things I cannot see“. Sie haben keine Lösung, sind aber fasziniert vom Problem. Wenn mich diese Unternehmen beauftragen, verdeckt oft gut gemeinte hektische Betriebsamkeit, dass das Ziel abhanden gekommen ist. Mark Twain formulierte es brillant: „Als sie das Ziel aus den Augen verloren, verdoppelten sie ihre Anstrengungen“. Ein weiterer Fehler ist der Rückfall in Mikromanagement. Es verhindert nach vorne zu denken. Die Kontrolle der Kontrolle lähmt jede Organisation. Viele Organisationen sind zudem so sehr mit dem Vermeiden von Risiken beschäftigt, dass sie mutige Schritte verhindern. Diese häufigen Fehler führen zu Erstarrung, Innovationsstau und dazu, den Anschluss zu verlieren.

CHEFINFO: Kann man eine neue Kultur „von oben verordnen“?
Baumgartner: Unternehmen, die den Kulturwandel zur Chefsache machen, können Veränderungen besser umsetzen. Führungskräfte begeistern ihre Belegschaft wirksamer, wenn der Wandel „von oben“ vorgelebt wird. Motivation lebt von der Vorbildwirkung. Sie ist der einzige Ansatz, Menschen zu motivieren und Veränderungen anzustoßen.