Anhang zum Buch „ZUVERSICHT ZUKUNFT“

In der großen Politik und in der kleinen Unternehmenswelt existieren für komplexe Themen scheinbar einfache Antworten. Komplexität simplifizierend zu betrachten, ist verführerisch. Zugleich ist das aber ein sehr gefährlicher Zugang. Hier müssen wir vorsichtig sein. Der richtige Umgang mit Komplexität ist eine zentrale Frage des 21. Jahrhunderts.

Die Zeiten, in denen selbstgefällige Wirtschaftsbosse für Skeptiker nur ein müdes Lächeln übrig hatten, gehen zu Ende. Die neue Komplexität macht Leute dieses so stolzen Schlages unglaubwürdig. Für viele ist das ein Schock. Ihre Welt bricht zusammen. Es geht zum ersten Mal nicht so weiter wie bisher.

Überall wird die wachsende Komplexität der Aufgaben beklagt. Wer heute die Übersicht behält, hat einen beträchtlichen Wettbewerbsvorteil. Dabei ist es hilfreich, den eigenen Blickwinkel radikal zu öffnen.

Althergebrachte Denkwerkzeuge reichen heute nicht mehr aus. Es ist trügerisch, wenn Spezialisten meinen, Unsicherheiten kalkulierbar gestalten zu können. Das funktioniert vielleicht gut bei einfachen Problemlagen. Es wirkt aber umso schlechter, je höher die Komplexität ist.

Komplexe Aufgaben sind aus mehreren Gründen nicht einfach lösbar:

  • Die Ausgangslage kann nicht logisch erfasst werden.
  • Zusammenhänge fehlen oder sind unübersichtlich.
  • Bisherige Erfahrungen und Lösungsmodelle sind nicht direkt anwendbar.

Menschen bezeichnen etwas als komplex, wenn sie es nicht verstehen oder erklären können. Komplexität weist eine hohe Eigendynamik auf. Die daraus resultierenden Zustände sind meist irreversibel.

Die wesentlichen Treiber der Komplexität sind:

  • interne Komplexitätstreiber (Personen, Prozesse und Strukturen)
  • externe Komplexitätstreiber (Markt, Wettbewerb, Kultur und Umwelt)
  • hochgradige Vernetzung
  • große Vielfalt an Kommunikationskanälen
  • IT-Systeme, denen ein übergeordneter Zusammenhang fehlt
  • ein ständig wachsendes Produktangebot
  • fehlende Führungskompetenz
  • die Unfähigkeit, Entscheidungen zu treffen

Ein Problem lösen heißt, sich vom Problem lösen. – Johann Wolfgang von Goethe

Vom Problem lösen

Es muss uns gelingen, Komplexität auf wenige, entscheidungsrelevante Merkmale und Muster zu reduzieren. Das Reduzieren darf nicht in verkürzender Einfachheit gipfeln.

Möglichkeiten, um mit Komplexität umzugehen, sind:

  • Kommunikation wichtig nehmen
  • wertfrei beobachten und Zusammenhänge visualisieren
  • Mitarbeiter entwickeln und motivieren
  • Gemeinsames vor Trennendes stellen
  • Wissen teilen und den Wissensaustausch fördern
  • die Philosophie der stetigen Schritte
  • die Organisation zukunftsfähig gestalten
  • sich letztlich vom Problem lösen

Komplexität kann man nicht vollständig beherrschen, man kann sie lediglich meistern. Das muss das Ziel sein. Komplexität bringt zwei wesentliche Nachteile mit sich: Einerseits verringert sie die Transparenz, andererseits erhöht sie die Kosten.

Ein jedes Unternehmen ist durch interne und externe Einflüsse stets komplex. Damit müssen Organisationen umgehen lernen. Komplexität meistern heißt, einen Zusammenhang erkennen und verstehen zu wollen. Erst dann kann reagiert werden.

Morgen ist heute gestern.

Alte Erfolgsmuster greifen nicht

Führungskräfte können in einem komplexen System nicht mit altem Wissen neue Lösungen entwickeln. Das bedeutet nicht, dass Wissen und Einstellungen überflüssig geworden sind. Wir müssen erkennen, für welche Fragen wir Antworten suchen.

Die erlernten Erfolgsmuster aus Beruf oder Studium greifen bei komplexen Fragestellungen nicht. Schwierige Fragestellungen lassen sich über Expertenwissen beantworten. Hochkomplexe Fragestellungen sind hingegen vielfältig vernetzt. Häufig sind sie paradox gestaltet. Wir können nicht einfach sachlogisch wissen, wie die Lösung aussieht.

Es gilt, als Führungskraft zu akzeptieren, dass man mit alten Handlungsmustern Teil des Problems ist und nicht ein Teil der Lösung. Führungskräfte müssen sich eine neue Denkweise und ein neues Kooperationsverständnis aneignen.

7.2 Neue Haltung, neues Denken, neues Kooperieren
Neue Haltung

Eine jede Haltung ist individuell ausgeprägt und dadurch nicht beliebig. Haltung heißt, einen inneren Kompass zu besitzen. Dieser vereint Einstellungen, Werte und Überzeugungen. Eine Haltung ist dem Handeln übergeordnet. Durch Haltungen können Menschen schneller Entscheidungen treffen.

Eine Haltung trägt aber auch eine Problematik in sich. Schnelle Bewertungen aufgrund von Erfahrungen klammern neue Möglichkeiten aus. Fehlende Zusammenhänge oder Unübersichtlichkeit erschweren das Ganze zudem.

Bei komplexen Fragestellungen geht es darum, den Blick zu öffnen, neugierig zu sein und flexibel zu bleiben. Der ständige Lernprozess wird zum Begleiter.

Neues Denken

Lernen funktioniert am besten über Irritation. Menschen denken vielschichtiger nach, wenn erhaltene Informationen im Widerspruch zu ihren eigenen Annahmen stehen. Führungskräfte lernen den Umgang mit Komplexität, wenn sie persönlich betroffen sind. Wenn sie erfahren, wie sie der Komplexität mit Wissen und Methoden begegnen können.

Datenbasierte Entscheidungen, Künstliche Intelligenz, „Machine Learning“ – überall taucht das Schlagwort der „objektiven“ Entscheidungen auf. Verbannen wir jedoch bitte deswegen die Intuition nicht völlig aus unserem Denken.

Neues Kooperieren

Das Bedürfnis nach Vernetzung und Verbundenheit ist enorm. Die Wachstumszahlen digitaler Netzwerke und Plattformen sind beeindruckend. Dazu kommt der gesellschaftliche Wandel. Studien zeigen, dass wir in der neuen Arbeitswelt Zusammenarbeit positiv erleben. Das gilt für Führungskräfte und Mitarbeiter gleichermaßen. Das Bedürfnis nach Zugehörigkeit ist zutiefst menschlich. Kooperationen sind sinnstiftend und vertrauensbildend.

Es geht nicht mehr um die eine intelligente Person, die Ideen hat. Wenn ausschließlich Führungskräfte denken und entscheiden, ist die Organisation „nur“ so intelligent, wie die Summe ihrer Führungskräfte. Diese Limitierung kann niemand ernsthaft wollen.

Es geht darum, gemeinsam die großen Muster zu erkennen und die Wir-Intelligenz einzusetzen. Durch die „Intelligenz der Vielen“ können Unternehmen schneller und unangreifbarer werden. Durch Vertrauen und Begegnung auf Augenhöhe entsteht eine zukunftsfähige Lösung. Unsere Zukunftsfähigkeit wird durch begeisterte und engagierte Menschen bestimmt.

7.3 Orientierung und Erfolg

Alles Einfache ist schwierig, alles Schwierige unmöglich. – Murphys Gesetze

Verschränkungen nehmen zu, Orientierung ist gefragt

Die Verschränkungen nehmen weiter zu und wir benötigen einige Anker, um Orientierung zu schaffen. Was ist wertvoll oder wertlos, was sinnvoll oder sinnlos? Die Trennschärfe, der Blick für das Wesentliche macht es aus. Er trennt zwischen Gelingen und Misslingen. Entscheidungen sind von hoher Dynamik und Vernetzung bestimmt. Der Anteil von Routineentscheidungen sinkt. Zugleich steigen die Anforderungen an die Entscheidungsqualität. Die meisten Entscheidungen sind Entscheidungen, die konkurrierende Ziele anstreben.

In komplexen Systemen ist oft intuitives Handeln angebracht. Der menschliche Geist kann mit Komplexität sehr gut umgehen. Entscheidend ist jedoch, wann Erfahrungen gemacht wurden. Sind Wissen und Erfahrungen zu alt, ist Intuition ein schlechter Ratgeber. Wurden krisenhafte und komplexe Situationen zeitnah gemeistert, kann Intuition vorteilhaft sein. Entscheidend ist, aus welchem Kontext die Erfahrungen stammen. Davon hängt ihre Verlässlichkeit und ihr Erfolg ab.

Erfolg in komplexen Zeiten

Erfolgreiche Unternehmen stiften einen überlegenen Kundennutzen. Dieser rückt mehr und mehr in den Mittelpunkt. Für Unternehmen wird es wichtiger, auch Leistungen anzubieten, die über das traditionelle Geschäft hinausgehen. So ist beispielsweise der Service-Gedanke als Geschäftsmodell nicht aufzuhalten.

Wie ist ein überlegener Kundennutzen herzustellen und dauerhaft zu etablieren? Das Unternehmen muss seine Ressourcen in Resultate transformieren. Der Wandel erfordert es, eine Organisation ständig am Puls der Zeit zu halten. Komplexität hin oder her. Nachhaltige Wettbewerbsvorteile gründen auf Führungsvorteilen. Zukunftsfähige Führung gewährleistet, heute erfolgreich zu bleiben und zukünftig erfolgreich zu werden.

CONCLUSIO

Es ist nie falsch, das Richtige zu tun. – Mark Twain

Wie Sie den Blick öffnen können

Eine Aufstellung Ihrer möglichen Handlungsweisen:

  • Ihr Ziel ist eine flexible, übersichtliche und profitable Ablauforganisation.
  • Sie stellen die Mitarbeiter ins Zentrum Ihrer Bemühungen.
  • Sie reduzieren Mikromanagement und erhöhen die Leadership-Kompetenzen.
  • Sie heißen die neue Generation willkommen und sind offen gegenüber modernen Einstellungen und Perspektiven.
  • Ihre Organisation muss sich von überholtem Wissen und unzureichenden Methoden trennen.
  • Sie benötigen gute Analysen und vergleichbare Kennzahlen.
  • Sie fördern dezentrale Entscheidungen durch Mitarbeiter, die nah an der Thematik sind, denn ihr Informationsstand reduziert Komplexität.
  • Ihre Unternehmenskultur sorgt in komplexen Zeiten für Zugehörigkeit und Zuversicht.

Anmerkung: Die Grundgedanken zur Komplexität entstammen der gemeinsamen Arbeit mit Dr. Christoph Stumm von der ADG Business School in Montabaur/D. Die Erstveröffentlichung fand in abgeänderter Form im „Magazin Bankinformation“ statt.